Replik zur Pressemitteilung der FDP Sachsen vom 17.10.2012 zum BAföG
Es wird mit Wohlwollen aufgenommen, dass sich die Koalitionspartei FDP der Baustelle BAföG annehmen will. Doch leider musste festgestellt werden, dass nicht die bauliche Substanz des Gesetztes ausgebessert wird, sondern nur an der Fassade ein paar Schönheitsreparaturen vorgenommen werden sollen.
Natürlich ist der Verwaltungsakt zu optimieren, da dieser aufwendig und langwierig ist. Zudem sind die Formblätter für den Laien - ergo eine(n) AntragstellerIn ohne Vorkenntnisse zum Behörden-Fachchinesisch - eine zusätzliche Belastung zum Studienalltag. So man nicht seine Unterlagen und Nachweise ca. 2 Monate vor Ablauf des Bewilligungszeitraumes beibringen kann, kommt es unweigerlich zu Zahlungsverzögerungen bis hin zur Inanspruchnahme von Darlehen der Studentenwerke, die für solche Zwecke nicht ausreichend vom Freistaat Sachsen bezuschusst werden.
Außerdem sind einige Formalia überholt und müssen abgeschafft werden, insbesondere das Formblatt 5, der sog. Leistungsnachweis nach § 9 BAföG. Dieser diente vor der Modularisierung der Studiengänge den Sachbearbeiterinnen als Routinekontrolle über den Leistungsstand, der für das Semester im jeweiligen Fach üblich ist. Mit der Modularisierung und der damit oft verknüpften Überlastung der Stundenpläne kommen die Studierenden unverschuldet mit ihren Leistungen in Verzug. Dies führt zu einer vorübergehenden Einstellung der Zahlungen bis die/der Studierende nachweisen kann, dass er alle fehlenden Prüfungen nachgeholt und die Leistungsanforderungen des laufenden Fachsemesters erfüllt. Wenn für eine Verzögerung nicht einer der Gründe des § 15 Abs. 3 vorliegt, gibt es für den ausgefallenen Zahlungszeitraum auch keinen Ausgleich. Die Erbringung des Leistungsnachweises stellt für studierende BAföG-EmpfängerInnen eine zusätzliche Hürde dar und muss zur Wahrung der Chancengleichheit abgeschafft werden!
Die FDP hat sich in ihrer Pressemitteilung zudem für eine „Übergangsregelung für BAföG-Empfänger zwischen Bachelorabschluss und Aufnahme eines konsekutiven Masterstudiums“ ausgesprochen. Warum nur für konsekutive Masterstudiengänge? Und was ist mit den unsozialen Rückzahlungsmodalitäten? Denn schon 5 Jahre nach dem Bachelor-Abschluss wird dessen Darlehenssumme vom Staat üblicherweise geltend gemacht. Man sollte also schleunigst den Master in der Regelstudienzeit absolvieren und gleich die erste lukrative Stelle auf dem Arbeitsmarkt für sich beanspruchen, um der drohenden Zahlungsunfähigkeit vorzubeugen. Blöd nur, wenn nicht jeder Master-Absolvent mit offenen Armen auf dem Arbeitsmarkt empfangen wird.
Dies ist leider auch die einzige inhaltliche Forderung, per Pressemitteilung veröffentlicht wurde. Dabei sind noch viel mehr bestehende Ungerechtigkeiten zu beseitigen: Das BAföG muss endlich elternunabhängig bereitgestellt werden. Es kann nicht sein, dass z. B. Studierende, die längst eine abgeschlossene Berufsausbildung haben, insgesamt 6 Jahre Ausbildungs- und Erwerbstätigkeit aufweisen müssen, um nicht weiterhin von der finanziellen Situation der Eltern abhängig gemacht zu werden (vgl. § 11 Abs. 3 BAföG). Der Weg zur Zusatzqualifikation wird so unnötig verkompliziert. Negativeinkommen wie Hypotheken werden bei der Einkommensbewertung der Eltern nicht berücksichtigt und so kommt es zu ablehnenden Bescheiden, die oftmals nicht gerechtfertigt sind. Die Abschaffung der Altersgrenze sollte ebenfalls vorangetrieben werden, um jedem ein lebenslanges Lernen offen zu halten. Flexible Studienformen, wie das Teilzeitstudium, werden nicht gefördert, sollten aber endlich berücksichtigt werden. Ganz zu schweigen von der notwendigen Anpassung der Bedarfssätze und der Freibeträge.
So wird festgestellt, dass die FDP nur an der Oberfläche kratzt, jedoch nicht den Mut hat anzustoßen, dass die tiefer liegenden Probleme - die im Übrigen auch von den Sachbearbeiterinnen der BAföG-Ämter zur Genüge angemahnt wurden - endlich behoben werden.
Diana-Victoria Menzel i. A. des Ausschuss Soziales der KSS